Mittwoch, 27. Oktober 2010
eehj, meine Nachbarn sind nachtaktiv.
... ein frisch verheiratetes Paar, glaube ich.
Die Geräusche könnte man ja so interpretieren: (Meine Intepretation)
- Möbel werden verschoben: Die beiden wollen nicht mehr in einem Bett schlafen.
- die Türen werden zugeknallt: Die Frau will dadurch einen Schlusspunkt setzen.
- Tassen fallen runter: Sie ist sauer und schmeißt die Tassen extra runter.
- Nägel werden an die Wände gehämmert: Er ist sauer und hämmert Nägel an die Wände, um seine Agression los zu werden.
- das "Bing" der Mikrowelle: Sie will nicht mehr für ihn kochen, daher muss er mit "Mikrowellenessen" auskommen.
... gegen Mitternacht höre ich dann meine Nachbarn lachen. Und dann werden wieder Möbel verschoben.
muss wirklich ein glückliches Ehepaar sein. :D
Ich geh jetzt Koo Koo anfeuern ... bis dann!
Sonntag, 24. Oktober 2010
On Arrival Training, finnische Stille und fremd sein.
On Arrival Training in Kokkola.
Unsere Reise begann um 9:20 Uhr, Wir fuhren mit dem Zug von Kouvola nach Lahti und mussten unseren Zug in Riihimäki wechseln. Die Züge in Finnland sind super! Soviel Beinfreiheit hab ich in einem Zug in Deutschland nicht erlebt. Die Sitze waren total angenehmen. Nur mit dem Zug reisen, kann schon teuer werden. Aber diesmal hat es ja die finnische Nationalagentur übernommen. :)
In Kokkola angekommen trafen wir schon auf die anderen Freiwilligen. Nachdem wir die klassischen Fragen ("Wie heißt du?" ; "Woher?" ; usw.) abgeklärt hatten, fuhren wir in das Jugendcentrum Villa Elba.
Im Jugendcentrum ging die "Kennlern - Phase" weiter. Es war total spannend Menschen aus anderen Ländern kennenzulernen. Wer an solchen Training oder Seminaren teilgenommen hat, weiß, dass auch merkwürdige aber sehr lustige Spiele bzw „Energizer“ ein Teil sind. Die ganze Woche war total unbeschreiblich witzig und lehrreich. Neben finnisch Stunden, hatten wir über unsere Rechte und Pflichte als Voluntäre erfahren. Natürlich nicht auf eine „trockene“ Art und Weise. In dieser Woche haben wir auch eine Menge über die finnische Kultur kennengelernt. Aber darüber werde ich später berichten. Sonst schreibe ich hier einen Roman ;-)
Abends haben wir die Zeit meistens benutzt, um die traditionelle finnische Sauna auszuprobieren. Ab in die Sauna und danach sind wir ins kalte Wasser gesprungen. Total geniales und aufregendes Gefühl!
Am letzten Tag war es viel zu schwierig sich zu verabschieden. Man hat sich so sehr an die Gruppe gewöhnt, da man eine schöne und witzige Woche gemeinsam erlebt hatte. Aber wir hatten alle beschlossen, gemeinsam zu reisen, um Finnland und die Nachbarländer zu erkunden. Unser nächstes Ziel im November wird Talinn, die estnische Hauptstadt, sein.
finnische Stille.
Meine Arbeitskollegen hatten mich schon immer davon gewarnt: die finnische Stille. Ja, ich lebe schon mehr als einem Monat in Finnland, und habe bis heute nicht einmal unsere Nachbarn gesehen. Nur gehört. Heute änderte sich das aber. Ich ging runter, um meine Wäsche zu waschen. Das ganze Apartment teilt sich eine Waschmaschine. Und dann passierte es! Ich traf einen Nachbarn. Innerlich sagte ich mir selbst: „Und? Sagst du jetzt Moi“?.... Da es in Deutschland ja üblich ist, den Nachbarn zu begrüßen, entgegnete ich dem Nachbarn mit einem Lächeln und einem „moi“. Oh oh oh, hätte ich es bloß nicht getan. Der Mann guckte mich so ca. 2 min an. Ich war total verzweifelt, dachte nur „hab ich jetzt etwas Falsches gesagt“? … Plötzlich fing ich an innerlich ein Weihnachtslied zu singen … „Leise rieselt der Schnee“ … ich weiß leider nicht wieso. :D
Das ganze endete mit einem genervten „moi“ seinerseits. Wahrscheinlich hatte er einfach einen schlechten Tag.
Ich soll lieber einen Finnen im Winter nicht ansprechen. Sie sind in dieser Zeit meistens genervt und Still. Also pss leise! Sollte ja nicht all zu schwierig für mich sein. Übrigens wir werden hier nur 5 – 6 Stunden Tageslicht im Winter haben. Des Weiteren werden Temperaturen bis zu -40° erwartet und ganz ganz ganz viel Schnee! Fantastisch! Ich freu mich. (Ich hoffe die Ironie kommt jetzt rüber! :D)
Fremd sein.
Das ich hier ein Ausländer bin, und damit „fremd“ ist ja nichts Neues für mich. Dieses Gefühl kenne ich ja auch aus Deutschland, obwohl ich dort geboren und aufgewachsen bin. Daher hat mich dieses Gefühl „fremd zu sein“ nicht wirklich überrascht. Doch, hier spüre ich etwas Anderes. Ich bin hier Willkommen. Die Menschen sind total neugierig. Allein als ich mein „Bremen erleben“ Pulli an hatte, haben mich mehrere Personen angesprochen. Fragen wie „Wo liegt Bremen?“, „Wie ist Finnland bisher?“ oder „Kommen Sie aus Deutschland?“ waren total üblich. Die Menschen wollten mehr Wissen, mehr über mein Leben, mehr über Bremen. Fragen über Fragen. Ich hab die Fragen natürlich gerne beantwortet. So entstanden viele nette kleine Gespräche. :) Die Finnen sind also doch nicht so schüchterne und zurückhaltende Menschen. Ja, man kann wieder super erkennen, dass man nicht so schnell verallgemeinern sollte. Aber über diese Thematik möchte ich später detaillierter schreiben.
Bis zum nächsten Mal!
Mustafa
btw, seit dem On Arrival Training hat sich mein Spitzname geändert: Musta!
Musti, Mustii, Stefan, Thomas, Fusty usw, alles Geschichte nun! :D
Sonntag, 3. Oktober 2010
Kouvola – Ein Haltestopp für Tramper
Besondere Ereignisse muss ich natürlich extra posten. Meine erste Woche in Finnland und schon traf ich in dieser Zeit zwei Tramper:
Da hätten wir einmal Mikkel Samuel. Ich habe ihn im Bus auf dem Weg nach Inkeroinen kennengelernt. Er bemerkte durch meine Aussprache, dass ich kein Finne bin und nutzte diese Gelegenheit mich anzusprechen. Eigentlich können alle Finnen ziemlich gut Englisch, nur die meisten sind zu schüchtern, um diese Sprache anzuwenden.
Mikkel war schon vier Monate unterwegs. Er ist 24 Jahre alt und kommt aus Montreal. Sein Abenteuer begann mit einem Flug nach Oslo. Mit wenig Geld, einem Rucksack, einem Schlafsack und mit viel Motivation will er durch die Welt reisen und hat dabei ein bestimmtes Ziel. Bisher war er in Norwegen, Schweden und nun in Finnland. Sein Zielort lässt Mikkel immer offen, da er nach seinem Bauchgefühl reisen möchte. Ich finds sehr bewundernswert, da ich gerne auch sowas machen möchte. Manche Tage hat er gearbeitet, um Geld für das Reisen zu sammeln. Manche Tage fragte er nach Mitfahrgelegenheiten. Manche Tage ging er einfach nur zu Fuß. Er berichtete mir, von Menschen, die ihm halfen, aber auch von Menschen, die kein Verständnis für seine Reise hatten. Schon bemerkenswert, was er alles während seiner Reise erlebt hatte. Er hatte sein Studium in Montreal einfrieren lassen und ist einfach ohne ein Wort zu sagen losgetrampt. Mikkel meinte zudem, dass seine Eltern gegen diese Reise wären, daher erzählte er ihnen nichts.
„I wrote on a piece of paper: I'll be back!“
Kommen wir jetzt zu seinem Ziel, wieso er durch die ganze Welt trampen möchte. Soweit ich alles verstanden habe, möchte er nicht nur die Welt sehen, sondern auch sein perfektes Gegenstück/Ebenbild finden. Ich weiß leider nicht, wie man in diesem Fall „perfect match“ übersetzten soll....
Diese Worte werde ich wohl nie in meinem Leben vergessen:
„Do you believe in a perfect match? If yes, would you travel to find it? Dont forget, 'cause everything happens for a reason. You cant imagine it!“
oder
„People might be the same. See always the best side of them. But see also the differences. And dont forget, their just humans.“
Ich würde gern stundenlang seine Erfahrungen mir anhören, aber meine Fahrt nach Inkeroinen dauert leider nur 45 min. Eigentlich habe ich es gehasst, jeden morgen mit dem Bus 45 Minuten zu fahren, aber diesmal hatte ich mir innerlich gewünscht, dass die Fahrt etwas länger dauert, damit ich mehr von seinen Erlebnissen hören kann. Schlussendlich habe ich ihm meine Adresse geschrieben, falls er eine Unterkunft oder Hilfe braucht. Ich hoffe doch sehr, dass ich ihn irgendwann wiedersehe. Unser Gespräch hatte mir so viel Spaß gemacht und mich motiviert, auch irgendwann mal durch die ganze Welt zu trampen. Ein bewundernswerter und mutiger Schritt. Er hats aber nie bedauert, und meinte am Ende, dass er das Richtige gemacht hat.
Auf den Bus in Kouvola zu warten kann schon eine Qual sein. Es ist kalt, nebelig und - falls man seine Kopfhörer vergisst (wie ich meistens) – kanns auch langweilig sein. Das schlimmste ist es auch noch, wenn der Bus sich verspätet. Ich werde bei verspäteten Bussen mich nicht bei den Busfahrern bedanken. Hier ist es nämlich üblich, dass man sich bei dem Busfahrer bedankt. Ein „Kiitos“ (Danke) reicht. In Deutschland würden wir uns niemals bedanken. Wir würden sogar fluchen, wenn der Bus eine Verspätung hat. Doch hier ist es anscheinend normal.
Um nicht von meinem Hauptthema jetzt abzudriften: das Warten hatte sich wieder einmal gelohnt. Gesichtet: Wieder ein Tramper! Diesmal ging ich persönlich hin, und fragte, ob dieser wirklich ein Tramper sei. Anhand von klassischen Merkmalen erkennt man eigentlich Tramper und da bei diesem Wetter ja kein Festival stattfinde kann... kann er ja nur ein Tramper sein.
Tadaa.. und er ist ein Tramper! Allerdings begann seine Reise in Helsinki. Es handelt sich um Miko Taponen. Er ist 27 Jahre alt und sein Ziel ist Lappland (Nordfinnland). Danach möchte er nach Norwegen. Okay, eine Geschichte wie Mikkel hat er nicht, und viel hat er bisher auch nicht erlebt.
ABER, er ist immerhin ein Tramper, und er hat mein Respekt dafür! :)
Viel reden konnten wir auch nicht, da mein Bus mit nur 10 Minuten Verspätung da war. Daher kann ich auch nicht viel über Miko schreiben.
Wieso ich diesem Beitrag den Titel „ Kouvola – Ein Haltestopp für Tramper“ gegeben habe, mag vielleicht komisch klingen. Ich hab doch nur zwei Tramper kennengelernt. Eigentlich erhoffe ich mir dadurch mehr Tramper in nächster Zeit zu sehen. Ich finde es ziemlich interessant und bewundere solche Menschen.
Am Freitagabend schaute ich mir mein Lieblingsfilm an. „Into the Wild“ …
Bis dann!
Mustafa
"Kennst du Petri Pasanen?"
Mir hat meine Arbeit in Inkeroinen nicht so gefallen. Nachmittags spiele ich mit den Kindern Billard, Playstation oder wir haben ein breitgefächertes Angebot an sportlichen Aktivitäten. Soweit alles ok. Gegen Abend jedoch kommen die Jugendliche, die zwischen 14 - 17 Jahre alt sind. Dann wird die Arbeit etwas zu schwierig. Alle Jugendliche in Finnland können ziemlich gut Englisch, nur sie sind zu schüchtern, um die Sprache anzuwenden. Mit mir haben sie erst Recht nicht geredet, weil ich noch für sie ein "Stranger" war. Die meisten Jugendliche nutzten die Zeit im Jugendklub, um "abzuhängen". Daher haben meine Arbeitskollegen und ich kaum Arbeit. Meine Mentorin Virpi sagte mir, ich soll auch einfach nur "abhängen" und gucken, ob alles in Ordnung ist. So verbrachte ich also meine Zeit in Inkeroinen.
Umso mehr hat mir meine Arbeit im Jugendtzentrum in Anjala gefallen. Finnische Schulklassen aus ganz Finnland verbringen ihre Klassenfahrten hier im Jugendzentrum. Hierbei lernen die SchülerInnen spielerisch das umweltbewusste Leben, das Leben in der Steinzeit sowie „Survival Tipps“, falls man sich im Wald verirrt. Juha, mein Arbeitskollege und ich, betreutet diesmal eine schwedischsprachige Klasse. Neben finnisch werde ich auch noch schwedisch lernen... wie ich mich grade freue :D Die SchülerInnen waren anfangs schüchtern, und versuchten nur mit Wörtern wie „Okay“, „whaddup“, „yes“ zu kommunizieren. Doch später, während wir im „Adventurepark“ waren, kamen die Jungs und fingen sofort über Fußball an zu reden.
„Do you know Petri Pasanen? He is my fav player, and I like Werder Bremen!“
Dank Petri Pasanen ist Werder Bremen total populär hier bei den Kids. Wie ich auch später mitbekommen habe, sind die Finnen besonders stolz auf ihre finnische Spieler, die im Ausland spielen. Dazu gehört noch Hyppiä von Bayer Leverkusen.
Auch populär bei den Kids sind Lena Meyer Landrut und Tokio Hotel. Noch heute hören sie das Lied Satellite... wirklich! Ich kanns einfach nicht mehr hören :D
Am Freitag mussten wir uns von der Klasse leider verabschieden:
„We'll see us next year!“
Doch ich musste ihnen leider erzählen, dass ich nur bis Juli 2011 hier in Finnland bleiben werde. Daraufhin waren sie sehr sehr sehr sehr traurig. Aber zum Schluss gab es ein Foto, damit man sich an die schöne Zeit erinnern kann.